
Ein neues Forschungsprojekt lässt Zeitzeug*innen zu Wort kommen
Familienministerin Josefine Paul betont die Bedeutung von Forschung über queere Lebens- und Unterdrückungsgeschichte: „Mir ist es sehr wichtig, die Aufarbeitung der historischen Verfolgung und Ausgrenzung von LSBTIQ* Menschen weiter fortzusetzen. Diskriminierung und Entrechtung hatten auch in der Bundesrepublik viele Facetten. Daher wollen wir mit dem Forschungsprojekt zum Sorgerechtsentzug einen bisher wenig bekannten und erforschten Aspekt der Diskriminierung von LSBTIQ* in den Blick nehmen. Dabei ist es wichtig, die Opfer zu Wort kommen zu lassen, ihre Geschichten sichtbar werden zu lassen und das erlittene Unrecht anzuerkennen. Wir leisten damit auch einen Beitrag zur Aufarbeitung bundesrepublikanischer Rechtsgeschichte.“
Als Queeres Netzwerk rufen wir alle, die mit solchen Sorgerechtsverfahren direkt oder indirekt zu tun hatten, auf, sich als Zeitzeug*in bei uns zu melden. Dazu gehören natürlich die betroffenen Mütter, aber auch deren Lebensgefährtinnen, die Kinder, die Väter, die Jugendamtsmitarbeiter*innen, Familienrechtsanwält*innen, Richter*innen; andere Verwandte der Kinder, Mitbewohner*innen, Erzieher*innen und andere, in deren Umfeld um das Sorgerecht von lesbisch lebenden Müttern gestritten wurde. Für den Kontext sind zudem Zeitzeug*innen über Verfahren um das Sorge- oder Umgangsrecht von schwul lebenden Vätern und von trans* Eltern gesucht.
Wichtig werden auch privat aufgehobene Schriftstücke sein. Vielleicht haben betroffene Mutter, der Vater oder die Kinder noch alte Schreiben und Urteile des Sorgerechtsstreits aufgehoben. Je mehr solcher Papiere bekannt werden, umso vollständiger kann das Gesamtbild werden. Selbstverständlich wird auf Wunsch die Anonymität aller Beteiligten gewahrt.
Forschen wird in unserem Auftrag die Historikerin Dr. Kirsten Plötz. Seit über 30 Jahren forscht sie über lesbische Geschichte; sie ist Expertin für den Entzug des Sorgerechts wegen lesbischen Begehrens. Mehr über ihre vorige Forschung zum Sorgerechtsentzug in Rheinland-Pfalz auf der Website sorgerecht-lesbischer-muetter.de, die von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld unterstützt wird. Eng begleitet wird das Projekt in seiner Umsetzung außerdem durch das Besondere Organ LAG Lesben innerhalb des Queeren Netzwerks NRW, das lesbische Perspektiven innerhalb der Vereinsstrukturen und queeren Communities sichtbar macht und vertritt.
Zeitzeug*innen wenden sich bitte an sorgerecht@queeres-netzwerk.nrw.
Anmerkung: Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts stehen die Erfahrungen von Menschen, die als Frauen in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung wahrgenommen wurden und deshalb Diskriminierung erfahren haben – also neben lesbischen Frauen auch die Erfahrungen von bisexuellen Frauen, nichtbinären Menschen und trans* Männern.
