Gemeinsame Pressemitteilung vom Lesben- und Schwulenverband, der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und dem LesbenRing

Lesbische Frauen wurden im Nationalsozialismus verfolgt und im Konzentrationslager Ravensbrück inhaftiert, gefoltert, missbraucht und ermordet. Am 1. Mai 2022 wird im Rahmen der 77. Befreiungsfeier zum ersten Mal auch das Gedenken an die lesbischen Opfer in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück offiziell stattfinden. Ein Interims-Gedenkzeichen in Form einer Scheibe wird an diesem Tag der Öffentlichkeit übergeben. Die Inschrift „In Gedenken aller lesbischen Frauen und Mädchen im Frauen-KZ Ravensbrück und Uckermark. Sie wurden verfolgt, inhaftiert, auch ermordet. Ihr seid nicht vergessen.“ wird sich auch auf der Gedenkkugel wiederfinden, die im Herbst 2022 eingeweiht werden soll.

Wir danken ausdrücklich der Initiative „Autonome feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich“, die sich beharrlich gegen viele Widerstände für ein würdiges Gedenkzeichen und die Erinnerung an die verfolgten Lesben eingesetzt hat. In den letzten Jahren haben sich der Lesben- und Schwulenverband (LSVD), die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und der LesbenRing engagiert in diese Gespräche eingebracht, Gesprächsrunden organisiert und sich an der Finanzierung der Gedenkkugel beteiligt.

In den Gesprächen verständigten sich alle Beteiligten auf eine gemeinsame Inschrift für die angestrebte Gedenkkugel. So entstand im Oktober 2020 ein gemeinsamer Antrag bei der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten für ein würdiges Gedenkzeichen, getragen von der Initiative „Autonome feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich“, dem „Bündnis der Initiativen zur Unterstützung der Gedenkkugel für die verfolgten und ermordeten lesbischen Frauen und Mädchen im ehemaligen Frauenkonzentrationslager Ravensbrück und Uckermark“, dem LesbenRing e.V., RuT Rad und Tat – Offene Initiative Lesbischer Frauen, dem Fachverband Homosexualität und Geschichte (FHG), der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und dem LSVD. Gestützt von einem wissenschaftlichen Gutachten von Prof. Martin Lücke von der Freien Universität Berlin fand dieser neue Vorschlag im Juli 2021 auch die Zustimmung der Stiftungsgremien.

Ein dauerhaftes Zeichen des würdigen Gedenkens an die lesbischen Frauen ist für uns erst der Beginn einer notwendigen und grundlegenden Aufarbeitung der Verfolgungsgeschichte lesbischer Frauen. Es gilt, die Unsichtbarkeit der Verfolgung von Lesben zu thematisieren und den unbeantworteten Fragen zu Leben, Verfolgung und Ermordung lesbischer Frauen im Nationalsozialismus nachzugehen. Es gilt, Mechanismen und Praktiken von Unterdrückung und Verfolgung zu untersuchen: das bedrängte und eingeschränkte Leben in einer Diktatur, in einem „Männerstaat“ und der auf Unterdrückung beruhenden „Volksgemeinschaft“, die Selbstorganisation und Möglichkeiten der Selbstartikulation in Medien und Kunst zerschlug und die eine scharfe Sozialkontrolle, unterstützt von der Denunziationsbereitschaft zahlreicher williger Helfer etablierte. Es gibt großen Forschungsbedarf. Wir ermutigen und unterstützten Forscher*innen, sich verstärkt diesen Themen zuzuwenden und miteinander in den wissenschaftlichen Austausch zu treten. Dabei gilt es, die wichtigen Arbeiten lesbischer Historikerinnen wie zum Beispiel Claudia Schoppmann, Kirsten Plötz, Anna Hájková, Ingeborg Boxhammer oder Christiane Leidinger zu würdigen. Bund, Länder und Kommunen sollten dafür ausreichend Mittel für die Erforschung und Vermittlung der Geschichte zur Verfügung zu stellen.

77. Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück
29. April bis 01. Mai 2022 – 17:00 bis 16:00 Uhr – ganztägig

Sonntag, 01. Mai 2022: 13.00-14:00 Uhr
Offizielles Gedenken an die lesbischen Frauen und Mädchen
Veranstalter*innen: Initiative “Autonome feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich
Begleitende Ausstellung ab dem 30.04.: Wege zum Gedenken und Erinnern an lesbische Frauen im Frauen-KZ Ravensbrück
Ort: Ehemalige Schneiderei

Im Rahmen des 77. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Ravensbrück wird der Öffentlichkeit ebenfalls ein Gedenkzeichen zur Erinnerung an die Frauen, die Sex-Zwangsarbeit leisteten, übergeben wird. Die Veranstaltung findet am 01.05.2022 von 14:00-15:00 Uhr am ‚neuen Gedenkort‘ der Gedenkstätte Ravensbrück in Fürstenberg statt.

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Menschenrechte, Vielfalt und Respekt – wir wollen, dass LSBTI als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden.